Wie blicken wir aufs "Alter"?

Wenn man darüber nachdenkt, wie es ist alt zu werden, dann hat man automatisch ein Lebensbild im Kopf. Vielleicht verbunden mit unangenehmen Emotionen, wie beispielsweise Angst. Ich habe in den letzten Wochen viel im Internet zum Alter gelesen. Der erste Blick, wenn man so rumsurft, geht auf die Hochaltrigkeit, auf Hilfslosigkeit und Pflege. Das mag daran liegen, dass in der Lebenssituation sehr viel Unterstützung und Hilfe gefragt ist und es entsprechend viele Tipps und Hilfestellungen im Internet gibt. 

Würde ich mich mit 55 auf dieses Bild reduzieren, würde ich natürlich ganz schnell sagen, bleib mir weg mit dem Alter. Ich will nicht früher in Rente gehen, sondern eher später. Um mir möglichst lang eine Lebenssituation vom Hals zu halten, die ja nun wirklich nicht erstrebenswert erscheint. 

 

Aber Alter ist glücklicherweise viel mehr und ich freue mich, dass es in meiner Familie wunderbare Vorbilder gibt. Meine Tante, die im Wohnstift in Göttingen gerade 100 geworden ist. Immer noch klar im Kopf kann sie zwar nicht mehr so gut hören, aber sie geht jeden Tag schwimmen und nimmt auch sonst noch aktiv am Leben teil. Meine Patentante, der ich zu ihrem 85. Geburtstag eine Bahntour durch die Schweiz geschenkt habe. Sie will so gerne hoch aufs Jungfraujoch und den Bernina-Express fahren. Bei der genauen Planung habe ich gemerkt, dass wir beides nicht schaffen. Ich dachte jetzt, wir fahren gemütlich nach Interlaken, fahren hoch zum Jungfraujoch und machen ansonsten schöne Bootstouren. Meine Tante sah das anders. Sie meinte, fahren wir lieber den Bernina, der liegt nicht so auf dem Weg. Das Jungfraujoch mache ich dann mal später, wenn ich eh in Interlaken bin. Angst vor der Höhe oder vor Anstrengung ist ihr fremd. 

 

Ich erzähle über die beiden Beispiele, weil ich eine Zweiteilung in meinem Kopf habe, die mir auch sonst viel begegnet: Die jungen Alten, die noch viel machen können. Diese Phase geht bis etwa 80, dann folgt die Hochaltrigkeit, die geprägt ist von Pflege, Hilfslosigkeit und Verfall. 

 

Die Hochaltrigkeit kann dies bedeuten, muss es aber nicht. Für mich bedeutet dies, bei meinen Überlegungen für´s Alter im Kopf zu haben, dass es sein kann, das ich Hilfe brauche. Dass es sein kann, das ich nicht mehr so gut Treppen steigen oder laufen kann. Dass es aber auch sein kann, dass ich mich weiterhin gut selbst versorgen kann und dass ich weiterhin Lust habe, die Welt zu erkunden.

 

Eine Gradwanderung zwischen Hilflosigkeit und Freude am Leben. Was mache ich heute mit den Gedanken?

 

Ich habe bisher viel in meinem Leben erlebt, dass die Gedanken, die ich hatte, sich auch in meinem Leben manifestiert haben. Also denke ich lieber an ein lebendiges, aktives Leben, auch im Alter. Gleichzeitig will ich mich aber auch nicht naiv den Unwägbarkeiten des Alters verschließen. Dies heißt konkret, bei der Gestaltung des Lebensumfelds darauf zu achten, dass dies auch mit Einschränkungen lebbar ist. 

 

Grundsätzlich und gerade bei den Gedanken, wie wir im Alter leben wollen, erlebe ich eine Aufgabenteilung zwischen mir und Thomas. Wenn wir darüber reden, wo und wie wir im Alter leben wollen, dann hat er mehr die Hochaltrigkeit im Kopf und achtet darauf, dass es in unserem Umfeld eine ausreichende ärztliche Versorgung etc. gibt. Ich dagegen sehe die viel längere Lebensphase der jungen Alten. Wenn ich mit 55 in Rente gehe, sind es immerhin 25 Jahre, bis ich 80 bin. Das ist ein ordentlicher Zeitraum, der mit Aktivitäten und Abenteuern gefüllt werden will! Na gut, die Abenteuer sind auch in meinem Kopf nicht riesengroß, aber dennoch habe ich viele Ideen, wie ich einen aktiven Ruhestand verbringen will. Es macht mir deutlich mehr Spaß, über diese Phase der Freiheit nachzudenken, als mir über irgendwelche Einschränkungen Gedanken zu machen. 

 

Wie ist das bei Dir? Welches Bild hast Du im Kopf, wenn Du an Deinen Ruhestand, Dein Alter denkst? Ist es ein Bild, auf das Du Dich freust oder was Dir eher Angst macht? Willst Du Dein Bild korrigieren oder passt es? 

 

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