
Wir leben aktuell in einem Reihenhaus. Sogar in einer sehr schönen Siedlung. Sie wurde 1928 gebaut und die bunten Reihenhäuser sind inzwischen eingewachsen in eine grüne Oase. Wir haben eine recht nette Nachbarschaft, was auch sehr wichtig ist, weil die Häuser und Gärten klein sind, hellhörig und in den Gärten sehr eng zusammen. In der Pandemie – als alle zu Hause waren – war das zum Teil sehr anstrengend. Aber im Großen und Ganzen ist die Nachbarschaft gut und meckern findet maximal auf einem sehr hohen Niveau statt.
"Und da wollt ihr weg?"
Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt. Ich finde sie berechtigt und habe mir oft überlegt, aus welchem Motiv sich in den letzten Jahren ein Drang entwickelt hat, sich nach einem neuen Wohnort umzuschauen.
Der erste Knackpunkt an unseren Häusern ist ein ganz banaler: Unsere Toilette ist im 1. Stock. Das ist jetzt nur manchmal anstrengend – also beispielsweise wenn man gerade gemütlich, müde und leicht betrunken vorm Fernseher sitzt und dann hoch muss, um sich zu erleichtern. Aktuell habe ich Knieprobleme, der Gang in den 1. Stock ist schmerzhaft. Und ein Vorgeschmack aufs Alter. Im Alter sind steile Treppen anstrengend. Insbesondere in einer Wohnsituation, in der man für das regelmässige Bedürfnis des Toilettenbesuchs auf die Bewältigung dieser Treppen angewiesen ist.
Natürlich haben wir auch über Lösungen wie Treppenlift oder einen kleinen Fahrstuhl nachgedacht, so richtig überzeugt hat uns das aber nicht. Zumal wir damit maximal den ersten Stock erreichen könnten, spätestens das Dachgeschoss mit seiner steilen gewundenen und schmalen Treppe ist für ältere Menschen eine echte Herausforderung. Meine Mutter geht diese Treppe nur rückwärts und ganz langsam – wenn überhaupt.
Uns war schnell klar, dass wir im Alter das Dachgeschoss wahrscheinlich gar nicht mehr nutzen werden, auch bei der Bestellung meines geliebten Gartens hatte ich manchmal Zweifel, wie das im Alter zu bewältigen ist. Ein Haus zu bewohnen, bei dem man absehbar 1/3 nicht mehr nutzen kann, wäre zwar irgendwie okay, aber nicht besonders klug.
Vorbilder
Orientierung bei Veränderungen können ja auch die Generationen vor einen sein. Wahlweise, weil man es garantiert nicht so machen will wie die Eltern oder weil man die Veränderungen, die sie vorgenommen haben, als ziemlich wegweisend wahrnimmt.
Wegweisend haben wir meine Schwiegereltern wahrgenommen. Sie haben mit etwa 70 ihr Reihenhaus verkauft und sind in einer Wohnung gezogen. Dort haben sie sich sehr wohl gefühlt, mein Schwiegervater konnte bis zu seinem Tod gut sein, meine Schwiegermutter wird das für sich auch gerne realisieren. Und es ist mit Fahrstuhl, einem geräumigen Flur für den Rollator und entsprechend großen Türen auch zu realisieren. Was uns immer gestört hat, war die Größe der Wohnung. Sollte meine Schwiegermutter eine 24 Stunden Hilfe benötigen, müsste diese auf recht engem Raum leben. Es gibt es kleines drittes Zimmer – aber es ist eben auch recht klein. Wir fanden es aber auch schon vor solchen Pflegezeiten immer als sehr eng. Der Rückzugraum meiner Schwiegermutter war eigentlich immer die Küche, mein Schwiegervater war gerne an einem ganz kleinen Computerarbeitsplatz im dritten Zimmer. Uns war immer klar, wenn wir eine solche Lösung wählen, brauchen wir mehr Platz. Zumal mein Platz eindeutig nicht in der Küche ist!
Meine Eltern sind jünger – sie haben aber mit über 80 den Zeitpunkt verpasst, sich nochmal räumlich freiwillig zu verändern. Sie lieben ihren Garten und ihr Dorf. Ich wünsche ihnen, dass sie dort lange leben können und wir sie nicht noch irgendwann „verpflanzen“ müssen, weil es in dem Haus nicht mehr geht. Immerhin ist bei ihnen das Leben auf einem Stockwerk möglich, auch wenn sie dann eine Treppe bewältigen müssten, um das Haus zu verlassen.

Für mich gab und gibt es dann immer noch den Traum im Alter gemeinschaftlich zu leben. Also sich möglicherweise von der 2er Beziehung Ehe zu lösen und mit weiteren Menschen zusammen zu leben. Hier habe ich deutlich andere Vorstellungen als mein Mann. Er kann sich das nicht vorstellen. Und da das Leben immer auch eine Art des Kompromisses ist, habe ich diesen Wunsch als nicht so wichtig eingestuft, denn ich möchte sehr gerne mit ihm zusammenbleiben!!!
Allerdings bleibt im Blick, dass gemeinschaftliches Wohnen in kleinem Rahmen möglich sein soll, wenn mein Mann als Erster gehen würde. Einfach weil ich mir das Leben alleine im Alter nicht gut vorstellen kann. In meinem Umfeld habe ich zu solchen Modellen in der Generation über mir keine Vorbilder. Ehepaare leben zu zweit zusammen und wenn eine Person stirbt, lebt die zurückbleibende Person alleine weiter. Einige wenige kenne ich, die in ein Wohnstift umgezogen sind und sich erfreulicherweise dort sehr wohlfühlen. Allerdings kommen mir die Wohnungen in diesen nobleren Altersheimen immer so ein bisschen wie Schuhschachteln vor.
Gibt es in Deinem Leben in Sachen Wohnort den Wunsch, etwas zu verändern? Oder kannst Du in Deinen Räumlichkeiten gut und möglichst eigenständig alt werden? Was wären Deine Kriterien, wie ein optimales Leben für Dich im Alter aussehen könnte?
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