Mein Mann hat in einem Versandunternehmen gearbeitet. Er hat seinen Job gemacht, wirklich viel Leidenschaft hat er dabei nicht entwickelt.
Vor 8 Jahren wurde er krank, er musste zunächst ins Krankenhaus und war dann auch noch eine lange Zeit mit der Krankheit, Reha und Genesung beschäftigt. Es war eine schwere und sehr anstrengende, beängstigende Zeit.
Als es ihm langsam wieder besser ging, fing natürlich auch seine Firma an, nachzufragen, wann er zurückkommt. Der Chef hatte gewechselt, für meinen Mann selbst war eine Vertretung eingestellt worden und nun musste kalkuliert werden, wann diese geht und mein Mann kommt. Er wurde immer nervöser, weil ihm nicht klar war, ob er den Aufgaben des Versandes nach seiner Krankheit überhaupt gewachsen sein würde. Nicht mal das Hamburger Modell, also ein langsamer Einstieg, konnte ihn beruhigen.
Thomas wurde erkennbar unruhig und unglücklich. Es macht ihn nervös und er hat in der Zeit auch deutlich formuliert, dass er überhaupt keinen Bock mehr hatte, zu arbeiten. Irgendwann habe ich in den Raum gestellt, ob wir nicht mal darüber nachdenken sollten, ob er überhaupt noch arbeiten will.

Würde er Frührente bekommen?
Mein erster Gedanke war ein Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente. Immerhin hatte er eine schwere Krankheit hinter sich und sein bisheriger Lebenslauf würde sich krankheitstechnisch schon so aufpeppen lassen, dass dies genehmigt werden sollte.
Thomas war anderer Meinung. Eine Freundin von uns war bereits in Frührente und sie konnte dermaßen episch über ihre Krankheiten sprechen, dass wir oft den Eindruck hatten, sie bestünde nur aus unterschiedlichen Krankheitsakten. Er sagte ganz klar, dass er so nicht werden wolle und das er befürchte, dass die notwendigen Besuche bei allen möglichen Ärzten und das Lesen der Diagnosen genau zu so einen Zustand oder Fokus führen könne. Ich konnte das nachvollziehen. Gleichzeitig konnten wir auf seinem Rentenbescheid nachlesen, dass er mit nicht mehr als 500 € EU-Rente rechnen konnte. Was für uns nicht die Welt war und gut durch meine Einkünfte abgedeckt werden konnte.
Plötzlich Alleinverdienerin
Der Weg zur Alleinverdienerin war nicht ganz einfach. Im wesentlichen musste ich viele Glaubenssätze aus dem Weg räumen. Den Glaubenssatz, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Und sogar, tief im kleinen Mädchen versteckt, den Glaubenssatz, dass der Mann für die Frau sorgt oder zumindest im Notfall finanziell für sie gerade steht. So haben meine Eltern gelebt und die waren schon fortschrittlich, weil meine Mutter immer gearbeitet hat. Ich kenne auch viele Paare in denen nur der Mann das Geld verdient. Bisher kannte ich keine Paare, in der ausschließlich die Frau das Geld verdient. Ich hatte keine Vorbilder.
Ein paar Gedanken (und Tage) später hat sich aber auch Stolz eingestellt. Das ich das kann! Denn das war mir schnell klar, finanziell wäre es kein Problem. Ich habe angestellt gut verdient, ich verdiene freiberuflich meistens noch besser. Überschüsse habe ich überwiegend in Immobilien angelegt, die Mieteinnahmen würden uns eine weitere Stütze sein, so dass wir auch Krankheiten oder andere Unwägbarkeiten zumindest für eine Zeit abfedern würden können.
Trotzdem gab es da noch einen Gedankenstachel der tief saß: So darf es einfach nicht sein, so kommen wir damit nicht durch. Ich weiß auch nicht, warum der so hartnäckig Widerstand geleistet hat. Verbunden mit diesem Widerstand waren einige Wochen, in denen ich mit reichlich Kontakten im Gespräch war, um eine neue Stelle für meinen Mann zu schaffen. Damit die Ordnung wieder hergestellt sei. Er wieder einen neuen Job hat.
Jedes Mal, wenn ich ihm wieder eine neue Idee vorgestellt habe, hat er eher bescheiden geschaut. Es war mir schnell klar, dass er mit allen meinen Arbeitsideen nicht glücklich werden würde.
Das Glück, dass zählt
Mit dem konsequenten Fokus auf ein glückliches Leben hatte ich dann meinen gedanklichen Durchbruch. Ging es nicht einfach darum, dass wir beide in unserer Partnerschaft möglichst glücklich leben dürften? Jeder so, wie es am besten passt? Er ganz ohne Arbeit und ich mit meiner Arbeit? Mit diesem neuen Gedanken ging es ganz leicht. Er handelte noch eine kleine Abfindung aus und war dann Hausmann. Und ich habe seitdem das Geld für uns beide verdient. Was nie ein Problem war.
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